Ich möchte hier aus einer Ausgabe der online erscheinenden Zeitschrift Fahrradzukunft zitieren, die ich gerade mit Interesse verfolge.
Mobilitätsleitbilder und Verkehrsverhalten
Konrad Götz, Frankfurt / Main
Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE)
„So ist z.B. die Tatsache, daß der Besitz eines Automobils nach unseren Erkenntnissen für wichtige soziale Gruppen ein Symbol der gesellschaftlichen Integration ist, ein starker Hinderungsgrund für eine Entkoppelung der räumlichen Fortbewegung vom Automobil. Wenn aus Sicht einer sozialen Gruppe der Nichtbesitz eines Autos gesellschaftliche Desintegration oder gar Marginalisierung symbolisiert, dann ist der Umstieg auf Verkehrsalternativen äußerst unwahrscheinlich.“
„Es stimmt, daß Verhaltensveränderungen immer einen Nutzen, einen Zugewinn bringen müssen, daß also normative Gründe nicht entscheidend sind. Aber bei diesem Nutzen kann es sich durchaus um einen symbolischen oder “sozio-emotionalen” (Heine) handeln. Und dieser “Nutzen” ist lebensstilspezifisch jeweils unterschiedlich definiert. Was in der einen Gruppe ein Gewinn ist (z.B. hohe Geschwindigkeit) ist in der anderen ein Streßfaktor (Graphik)“
Fazit
„Der Versuch, eine ökologisch und zugleich urbane Verkehrspolitik zu planen und zu fördern, hat nur dann Erfolgsaussichten, wenn die geschilderten, häufig als “weich” bezeichneten, tatsächlich aber stark wirksamen Faktoren berücksichtigt werden. Dazu müssen die wichtigsten Akteure der Alltagsmobilität mit sozialwissenschaftlichen Methoden identifiziert und ihre Handlungsmotive untersucht werden. Erst dann wird es möglich, sie bei der Planung von Maßnahmen zu berücksichtigen und als Zielgruppen für eine Einflußnahme (auch mit kommunikativen Mitteln) zu verstehen. Dabei ist nicht – wie oft behauptet – die Kluft zwischen “Einstellung und Verhalten” das Problem, sondern die Tatsache, daß es signifikant unterschiedliche Gruppen gibt, deren differierende Bedürfnisse im Rahmen traditioneller Verkehrspolitik nur um den Preis schwieriger Kompromisse miteinander vereinbart werden können: Erstens finden wir Gruppen, deren Lebensstil kaum von räumlicher Mobilität geprägt ist – soziale Mobilität ist weitgehend von räumlicher Fortbewegung entkoppelt. Zum zweiten gibt es Gruppen, deren soziale Mobilität mit räumlicher Fortbewegung verkoppelt ist, und diese zudem noch mit Automobilität. Diese Gruppe wird sich den Maßnahmen zur Reduzierung der Autonutzung entgegenstellen. Und drittens gibt es soziale Gruppen, die bereit und in der Lage sind ohne Auto mobil zu sein. Hinsichtlich dieser Gruppe gibt es nur ein Problem: Die Handlungspotentiale sind bisher noch nicht ausreichend aktiviert worden – nur ein zielgruppenspezifisches Vorgehen kann dies leisten.“
Meine Gedanken dazu:
Natürlich muss es nicht nur um eine „urbane Verkehrspolitik“ sondern auch um eine ländliche Verkehrspolitik gehen. Vorallem weil in den Ortsteilen Ubstadt und Stettfeld viele Menschen unter dem Durchgangsverkehr leiden, der bestimmt oft auf die urbanen Zentren ausgerichtet ist. Das heißt aber auch, wir müssen schon in den Nachbargemeinden Östringen und Kraichtal ansetzen. Bei allen Gedankenspielen und Lösungsansätzen muss man den Dialog mit diesen suchen. Beispielsweise müssen wir in Ubstadt-Weiher die Diskussion über eine Umgehungsstraße für Unteröwisheim genau beobachten. Unser eigenes Verkehrsverhalten dürfen wir darüber freilich nicht vergessen.
Treffen alle in dem Artikel genannten Gründe, nicht mit der Bahn zu fahren auch auf uns zu? Schließlich haben wir eine Anbindung an Stadtbahnsysteme, die Ihresgleichen sucht. Wie können wir die Nutzung der Bahnen fördern? Entlastet die neue Haltestelle der Rhein-Neckar-S-Bahn in Stettfeld die Straßen oder führt sie zu mehr Autofahrten zur Haltestelle hin?
Wie fördern wir den Radverkehr in unserer Gemeinde?
Ich habe mir fest vorgenommen, in weiteren Artikeln zumindest Details dazu aufzugreifen. Ob es zu Lösungen reicht, mag dann der geneigte Leser mitentscheiden.