Wie ich Unterkünfte suche

Ich darf dieses Jahr beim Entwicklertag Karlsruhe einen Vortrag halten, bei dem ich versuche, meine Erfahrungen aus meinen Rennradreisen mit agiler, cleaner Softwareentwicklung zu verknüpfen.

https://entwicklertag.de/karlsruhe/2021/reisen-mit-dem-fahrrad

Ich weiß, ein bisschen an den Haaren herbei gezogen. Aber ich hatte Bock drauf, meine beiden Steckenpferde zu verbinden.
In der Vorbereitung habe ich versucht, mir meine Touren ins Gedächtnis zu rufen. Dabei ist mir eins aufgefallen, nämlich wieviel Glück ich doch immer wieder bei der Suche nach Übernachtungsmöglichkeiten hatte. Klar da war auch die ein oder andere Bruchbude dabei. Aber ich habe eine Schwäche für „besondere“ Unterkünfte, die als Anekdote taugen. Besonders liegen mir so alte Dorfgasthöfe am Herzen, die oft ihre beste Zeit hinter sich haben. Diese sind meist über Generationen gewachsen, mit immer mehr Zimmern, Sälen und weiteren Anbauten wie der obligatorischen Kegelbahn.

Landgasthof „Zum Schwanen“ in Trippstadt

Aber ich schweife ab.
Außer für den Abend der Anreise buche ich nichts vor, weil ich ja „frei Schnauze“ fahre und gar nicht weiß, wo ich abends sein werde. Meine Regel lautet: Nach 18:00 Uhr oder wenn ich 100 km gefahren bin, fange ich an, eine Unterkunft zu suchen. Mit dieser Regel erspare ich mir unnötige innere Dialoge: „Ach läuft doch grad so gut, ist doch noch hell…“
Oft genug kamen dann doch noch ein paar Kilometer zusammen. Mein Rekord liegt bei 124 Kilometern, also zusätzlichen 24 km bis ich was gefunden hatte. Soweit möglich suche ich bei Erreichen eines der beiden Limits links und rechts des Weges im Vorbeifahren. Dabei achte ich ganz altmodisch auf Hinweisschilder oder frage die Einheimischen.

Von so touristischen Informationstafeln am Ortseingang mache ich ein Foto, um mir das merken zu können. Konnte ich solche Hinweise nicht finden, rolle ich langsam durch und halte die Augen auf. Wenn mir der Ort gefällt, ich aber keinen Gasthof oder Hotel erspähen kann, nehme ich Google Maps zur Hilfe.
Wenn ich was gefunden habe, kommt der lustige Teil. Ich gehe rein und sage meinen Spruch auf: „Guten Abend, ich suche ein Bett für eine Nacht und einen Platz für mein Rad.“
Besonders in touristisch bedeutsamen Orten, wurde ich dafür schon öfter vom Rezeptionisten ausgelacht: „Für eine Nacht? Ohne Reservierung? Haha“ Da hilft, etwas außerhalb zu suchen.
In abgelegeneren Orten kann man hingegen zusehen, wie im Hirn des Wirtes langsam die Erkenntnis reift, dass endlich mal wieder ein Zimmer vermietet werden kann.

Wenn eine Gegend auf der Karte so aussieht, habe ich allerdings auch schon mal vorher angerufen, um nicht vergebens ellenlang irgendwohin zu treppeln, wo möglicherweise gerade geschlossen ist. Die einschlägigen Portale oder Webseiten der Betreiber habe ich auch schon genutzt. Das finde ich aber eher langweilig. Funktioniert auch nicht immer gut.  Ich habe auch schon auf Verdacht bei einer Jugendherberge angerufen, die laut Webseite kein Bett mehr frei hatte und hab doch eines bekommen. Jugendherbergen und Hostels nutze ich eh gerne.

Jugendherberge Plothen

Ich hab auch schon mehrmals direkt vor dem jeweiligen Haus gestanden und eine Handynummer angerufen, die dort angeschrieben stand. Dass grad niemand da ist, kommt gerade in kleineren Pensionen schon mal vor. Das netteste aber auch kurioseste Gespräch hatte ich vor dem Hals Hotel in Dänemark, wo die Besitzerin sich entschuldigte, weil sie noch in Norwegen war. Sie hat mir dann genau erklärt, wo ich welchen Code eingeben soll, wo mein Rad hin kann und wo mein Zimmer ist. Gut dass ich mich da nicht hab abschrecken lassen, dieses kleine Hotel ist nämlich wirklich sehr hübsch und das Frühstück war sehr lecker.
In Orten mit einer Touristeninfomation  gehe ich dort rein, sofern sie noch geöffnet hat. Bis auf eine eher lustlose Antwort in Bad Dürrheim habe ich damit tolle Erfahrungen mit schönen Unterkünften gemacht. Die Mitarbeiter*innen sind freundlich und haben die Geheimtipps und telefonieren sogar rum, um was zu finden. Apropos Rumtelefonieren, das hab ich auch schon erlebt, das Wirt*innen, die selbst nix mehr hatten, mir Tipps gaben oder für mich bei Ihren Kollegen nachgefragt haben. Einmal auch unter Unterstützung des Stammtisches: „Ruf mal bei der Gitti an, die vermietet wieder.“ Die Einheimischen wissen oft aber auch, warum man bisher überall abgewiesen wurde: „In Monschau ist morgen Marathon, da werden Sie nix finden!“ Bis jetzt habe ich aber noch nie im Haltestellenhäuschen schlafen müssen.
Nur mein Basso musste oft draußen stehen, nicht alle Gastgeber sind auf Radler eingestellt.  Aber ansonsten war alles dabei: Garagen, Carports, (Wasch-)Keller, Gepäckaufbewahrung, Küche, Pferdestall. Am schönsten stand es freilich bei mir im Zimmer.

Hotels, Pensionen, Gasthöfe, Jugendherbergen und besonders gerne auch bei Freunden, die ich unverhofft überfallen habe… (Wohl dem, der mir bei Facebook oder Twitter folgt und weiß, wo ich gerade unterwegs bin.) So habe ich bisher bei meinen Touren übernachtet. In 2021 geht das erstmal nicht. Ob ich mich doch mal mit dem Thema Bike Packing beschäftigen sollte?

Ein Gedanke zu “Wie ich Unterkünfte suche

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